Texte

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"Soweit ich das nach den Veröffentlichungen verstanden habe, ging es nicht mehr darum, daß all diese Werte als Präsenz herstellt und verlangt werden, was als Versunkenheit bezeichnet wird, sondern daß die transzendentale Leere und das Erhabene kein verborgenes Versprechen und keine Offenbarungen mehr bieten können." "Woran sollte man sich dann halten? Was blieb da noch tragfähig in diesem außergewöhnlichen Sinne und kann es sein, daß es unter diesen Umständen gar keinen weiterreichen Einfall mehr gibt?"" Also kann ich dann Stift und Pinsel, Klavier, Gitarre und Gesang, all das an welchen Nagel hängen?"" Na, ja. Aber doch! Drang da aus einem schwarzen Dunkel die flirrende Saga von dem Ertrunkenem Licht, in ihrer Dochheit zwingend und genau dort hervor, wo ihr weiter Absprung sie in die große Reise durch den Raum von tiefer Gewissheit in den Begegnungen mit dem allumwundenen Festen und ihrer fortwährenden Bewegung auf ihrer Bahn zog." "Ja, ich erinnere wie das scharfe Bewusstsein des Schattens lastet, die wohlige Wärme der Dämmerung umfasst das Flirren der Lüfte, die Freude in den Unternehmungen, was Leben einst tat." Wo Feuer und Licht sich meiden, sieht der große Schein seine Existenz gefährdet. "Am besten, sie lassen mich hier raus." Das Gespräch hatte eine verschrobene Dichte erreicht, welche keine fortführenden Gedanken mehr zuließ. Es ist doch ersichtlich, daß nach dem Erleuchten im Wasser sich ein Gefühl der Eingeschlossenheit einstellt, dachte ich.  Aber was waren dafür Möglichkeiten? Und wenn wir es beim Tauchgang bemerken, nehmen wir dieses Schimmern als Selbstverständlichkeit hin. Veritabler Grund des Bizarren. Ein Bersten der Sichtbarkeiten auf Anspielungen von Seienden, erzählen nur die Sagas auf die Frage der Kinder nach dem Ertrunkenem Licht. "Es geht eigentlich nur darum, die richtigen Worte zu finden. Ohne Vertun." 

Nun man sagte es ihr nicht. Man besprach dies an anderer Stelle. Sie haben sich immerhin als Bewahrer und Verkünder durchgebracht und waren durchaus erfolgreich. Einen Ton für das große Buch der Gesänge war gefunden und in einem fiktiven Eigensinn und formaler Versuchsfreude werden wilde Visionen des breiten Lächelns gemischt, wirkungsvoll berührend und voller Zuversicht. Wo Wortweberinnen das poetische Brot aufgehen lassen, wartet das gemeinsame lyrische Frühstück. Reichhaltig im Widerruf der Geneigtheiten liegt das wahre, dichte Drängen sanft schimmernder Haut sehr nahe, weit ab vom Strahlen ihrer faszinierenden Augen. Zu nah? Ein Übereinbringen der Zurückgekehrten mit dem Jetztsein wird die Hiergebliebenen nicht beunruhigt lassen. Und immer sind die Zeiten vorbei, entrückt und voller Zuversicht so aufgetürmt zu einer Gischt aus Klang. Was man von ihr zu hören bekam mit dem vollen schweren humanen Sack, ist noch immer Stolz. Ihr vorausgeschickter Nachruf: In Wehmut rechtzeitig das Richtige zu sagen, ohne laut und nicht zur Berühmtheit gelangt zu sein. Das heißt, in rhythmischer Kraft durch Klarheit und Richtung deins geworden zu sein, gerade auch im Vergehen. 

Finis terre. Von Steilshoop bis ans Ende der Welt, Die Rede ist von der verborgenen Apparatur samt ihren mythopoetischen Gelenken. Nach dem Unterricht konnte man am Ende des Lichtes bis zur Dämmerung warten. Die Gegenstandsfarben des großen, aufgebauten Stillebens verloren bedächtig ihre Feurigkeit und es begann ein sanftes Strahlen des Grundes. Nur für kurze Zeit. Ton im Licht und Ton auf dem Malgrund. Ein großer Moment der Stille, die es rasch mit dem Pinsel zu befestigen galt. Stehengelassen war es gar der Anfang des nächsten Morgens für die erwartungsvollen vierundvierzig Augen. An der Wand und über der Tür standen mit schwarzer Ölkreide Sätze wie: " Weniger Freiheit gibt mehr Einfälle. Man solle nicht zeichnen was man vor sich sieht, sondern was man in sich sieht. Du nimmst dich mit, wohin du gehst. Es regnet öfter als du denkst. Not lehrt denken. Nichts zu verlieren, heißt Freiheit schenken. Asche zu Asche. Komm mir bloß nicht mit der Modernen. " Das Schachbrett als Bildfeld. Unscharf mit Weltsicht Polaroid, nur für den Übergang, Camera obscura und die Lochbildkamera in der Streichholzschachtel. Blätter auf der Tonwalze für die grandiose Schale. Wir genießen das Ende im eigenen Bedauern, daß leider nicht aus uns ist. Eigentlich wie Hopper aus dem amerikanischen Fenster schauend. War er nur der, dem alles widerfuhr? Transatlantik mit mini, mini mini, tout le monde et une cactus. Stillstand ist hausgemacht. Kommt da noch was? Ihr Vater hatte die Kneipe am Ende der Welt. Finis terre. Die alte Musikbox hatte nur Scheiben der ersten Garde der Frührocker, was die Stimmung jeden Abend immer wieder zum Brodeln brachte. Wo immer man auch hinlangte, es war Wirklichkeit. Entspannt zum Revoluzzer. Man schließt Bekanntschaften auf einfache Weise und bleibt trotzdem frei.  Zeiten ohne Bedauern.

Unscharf. Ort und Stelle des Nochnicht und des Nichtmehr. Was das Daguerrebild und das Polaroidbild verbindet ist die Einzigartigkeit, vereint im chemischen Prozess. Die Sorge darüber was-kann-es-werden wirkt in der künstlerischen Anstrengung noch vor der Klarheit des Hervorgebrachten. Es kann genauso gut scheitern und im Schleier des Augenblickes verschwinden. Schärfe und Schleier halten die Bildwerdung in der Spannung des Hervorgebrachten. Hier liegt das eigentliche künstlerische Vermögen wo das Innenliegende sich unscharf zeigt. Das Dahinter wird gesprochen, gibt ein Versprechen auf das Mögliche ab, wie das Bildnis von Sais. Der Begriff betont, dass ein Bild eine völlig andere Bedeutung haben kann, abhängig von der Situation, in der es erscheint, von den Betonungen oder auch von seiner Stellung in einem unscharfen Bildgefüge. Die motivischen Äußerungen befinden sich immer im semantischen Spiel. Sie sind nicht auf einen einzigen Sinn festgelegt, also bleiben sie eng verbunden mit Freiheit und Unabhängigkeit. Der Schleier des Wahrgenommenden ruht in der Unschärfe, die eigentlich nicht mehr möglich ist, da nur die Dichtung diese Aufgabe erfüllen kann. Dichtung aber ist die Übertragung von Unmöglichkeit in der Kunst.

Ausfahrten. Hier wehten nur eiserne Kreuze, die nach wenigen Jahren des Schreckens im kommenden Feuersturm untergehen werden. Überrascht vom dehnbaren Bühnen-glanz der Lichtreflexe in der puplikumssichernden Erlösung, fällt der Anschluß an die Eskarpardensucher umso leichter. Vor allem, da die Schau nahezu lautlos verlief und die Eintrittskarten günstig waren. Wir waren weitgehend unter uns, während die Nachlasskonvoluten der Achtsamkeit überdeutlich wankten. Schön aber unterhaltsam. Was hat das mit der Schaubühne zu tun? Fügt es sich sonderbar paradox zu der Behauptung, in diesem Zustand graziös zu sein, so könnten sie aus den dunklen Reflexionen wiederum strahlender hervortreten. Vor dem Mikrofon bleibt es schwarz bis zum Ende des Gigs. Die Schläge an der Base stützen den Rücken. Keine Vergleiche, keine Ansprüche von außen. Einfacher Riff und steter Ton. Wir wollten nur deutlicher sagen: Haltet euch dran, auch wir werden älter.

Ein Blick erwacht erst für etwas, wenn er jenseits dessen liegt, was man schon einmal erfahren, erlebt hat. Und dass es etwas in uns tut, eine Art Magie, hingezogen zu sein, eingestellt in das Wesen eines Ortes, als auch in den Grund der Natur. Auf halber Strecke immer mal wieder Sandwindhosen. Die Natur zeigt sich hier in allen Ocker- und Brauntönen. Berge scharfkantig oder wie hin gekleckert. Trocken. Der Busch flimmert davor in verblassendem Olivgrün. Alle Flußdurchfahrten sind steil und sandig und schon so manches Farmtor ist ausgehangen, das Land verlassen. Ein stockendes Knirschen entläßt die Schwere des Ford Ranger. Er steht, drückt den Schotter der Straße in eine breite Spur. Man öffnet die Wagentür - Stille. Die eigene weißgraue Staubfahne zieht vorbei, in die hügelige Ebene, erlöst sich im Licht des herabfallenden Blaus vor den Kluften der rauen Berge. Man hört die Melodie des eigenen Atems. Im langsamen Schreiten schwillt die Hitze im Gesicht. Hell weiß zittert das hohe Gras vor dem steinigen Sand. Die große Weite der Savanne. Der Busch aber bleibt blickdicht, das wissen auch die Tiere. Die ersten Zebras zeigen sich und drei schwarze Rabenvögel vertreiben einen Schakal. Der heiße Wind hat aufgefrischt und nimmt alle Gedanken mit, so daß man nur selbst übrigbleibt. Dann kommen die Springböcke und die schwarzen Baboos zum Wasserloch, sitzen in der Mittagshitze im Schatten der Bäume, während oben auf den roten Felsen einige Ausschau halten. Wer vermag es den Olifanten zu verdenken, da sie ihre alten Gründe aufsuchen, auch wenn sie durch breite Straßen zerteilt sind? Der Himmel schiebt zwei Gewitter aufeinander und die Blitze schießen weißgelb zu Boden. Das Wasser wird auf die Erde gegossen - überschwemmt alles. Bis der Schlamm wieder harte Erdkruste wird und das satte Grün verbleicht, wird es wohl eine Weile dauern.

Zum Strand. Vom Parkplatz den hölzernen Laufsteg entlang, an den beschatteten Mietliegen vorbei, um dann in diesen so unwiderstehlichen Kosmos zwischen Land und Meer, See und Sand einzutauchen. Durcharrangierter Sehnsuchtsort der postindustriellen Zeit. Die Tiede geht hoch mit ablandigem Wind. Mächtige Dünung bei Ebbe. Es wird ein Plätzchen gesucht; zwischen den Badetuchausgestreckten, den Sonnenschirmsitzenden oder den Textilfreien am hinteren Rand der Dünen. Beständiges Rauschen der kleinen Wellen. Die Füße im Sand unter dem behausten Sonnenschirm, vermutlich um die Veränderlichkeit im Bleibenden ganz körperlich aufzunehmen. Motorboote mit Touristen ziehen weiße Streifen durch das Wasser. Ein Sportflugzeug mit den Fallschirmspringern zieht eine Kurve durch das tiefe Blau. Es gibt einige Strandläufer, welche immer noch die optimale Position für das Selfie suchen. Man muß zunächst das langsame Gehen lernen. Am Muschelsaum entlang mit einem Fuß in der auslaufenden Brandung, den anderen zuweilen auf dem halbtrockenen Sand. Meist beredt oder auch nur den vorauseilenden Hunden nach, vorbei an den auf die große Welle wartenden Surfern, die mit dem Smartphone bewaffneten Dokumentaristen, den körpergestählten Läufern und denen mit den großen Wanderschuhen. Ab und an verbleiben einige Ausdauernde in den Wellen. Stehend, darauf wartend bis sie tiefer einsinken, oder von der nächsten hohen Welle von den Füßen geholt werden. Das Ritual ist klar. Schreiten auf der schönen Mitte. Ab dann gibt es den individuellen Umkehrpunkt des "boardwalks", ob in geselliger Konversation oder stillem Dialog. Mit der Sonne im Rücken kann es nicht denselben Weg auf umspültem Grund geben. Ob hier trotzdem Stufen der Erkenntnisse ausgewiesen werden, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Aus dem Rauschen der Brandung und den Sand verwehenden salzigen Winden auf den Dünen, vermeint man alte Nähe zu spüren. Am Horizont zwei stille Segel. Der Schatten meines Sonnenschirms wandert nach Osten. Mein Lieb schließt ihr Buch:"Geh`n wir nochmal ins Wasser?"

Wozu Dichter in dürftiger Zeit?  Wenn es vorne und hinten nicht reicht und die, die es dicke haben nicht sich selbst, aber den anderen das Wort sprechen, fehlt Ihnen das knackfrische, das poetische Brot. Aber die Großen, Unanfassbaren, Weitreichenden sind gegangen. Sie sind fort. Ganz schön dunkel. Wie schwarze Milch und Asche der Schönredner und Gutmenschen, daß sie Distanz erkennen, die zwischen ihnen und dem Anderen. Wozu lesen in der blutigen Spur? Soll das weißlose Rauschen der magnetischen Tonaufzeichnung gesungen werden? Wem sonst als dir. In seiner bloßen Eigentümlichkeit sprechen sie dir zeitvollen Türen, vom Offenen ergießt, mit intimen Gängen, betreten. Wer sonst soll sehen und das Geschaute zu zeigen, im Material, im Ton, im Licht. Lang wird die Nacht der fehlenden Ohren und der schweren See, wenn es vorne und hinten schon lange nicht mehr reicht und die, die es dicke haben, rufen, wobei ihnen das Geldstück fehlt, um sich einen Flachmann zu kaufen, da ihnen der Heimweg abhandengekommen ist.

Noli me tangere. Ich bin es und ich bin es nicht. Daß es still ist, im Ohr. Die See hat den Strand vom Vortag umgeräumt.  Sand und Steine liegen in der linken Ecke aufgetürmt. Stromdrähte an der Straße halten den Ton an ob der Fremdheit und ihrer eigenen, steigenden Spannung. Lautlos grau raschelt der Schatten auf dem schwarzen Asphalt. Langtragender Fluß. Staub in weißen Mittellinien. Voran die hellen Flecken abgefahrener Ecken kleiner schwarzer Brücken. Mit sehr dürftigem Geplätscher das Land hinauf – ein Wort - eine Postkarte. Also ein tieferes Suchen, daß uns mitnimmt.

Der Taxistand ist heilig. Was sorgt, ist der Wandel selbst. Vom Fluß drückt der Nebel den dichten Regen über die Hafenkante. Die Straßenbeleuchtung verweht vor den Kneipen, die ihre Türen zuhalten. An der Theke hockt immer noch Altona und heult. Gräber weiß alles über Altona. Er arbeitet als Sänger in einer Piepshow und ist der schärfste Kumpel von Wegwerf, der bei den Werbern mit den Mädels rummacht und nach Komodenlack stinkt. Er dichtet auch Parolen für die nächste Demo und verkauft sie anschließend an die Anwohnerini. „Davon geht die Welt schon unter!“ brüllen Soso und Achwas, die beiden Stadtschauspieler, die sofort nach dem Reinkommen die Musibox tillen und die Tangoplatte zwanzigmal drücken. Sie haben Kashmirbusen im Schlepptau und machen mächtig einen her. Wegwerf mischt sich unter die Kashmirbusen und erzählt jeder, daß alles Scheiße ist und man endlich an die Macht kommen muß. „Keine Macht für Irfan“ skandieren die Mummmützen vom schwarzen Block und machen die Laden voll. Altona weiß nicht wer Irfan ist und heult um so lauter und Gräber kann das Wort Ungerechtigkeit nicht mehr hören. Absulthorst, der Zivilbulle mit dem brustfreien Hemd und immer in Flanell, der sonst auch fürn `nen Heiermann Kinder paßt, schreibt mit dem Edding überall auf die Tische „Ich weiß nix“ und grunzt auf so unverholene Weise, daß das Blaue vom Himmel kommt. „Wirklichkeit ist keine Meterware“ intonieren Soso und Achwas mit Schifferklavier, daß die Bande der Kashmirbusen ganz hin und weg ist und Altona dazwischen brüllt: „Wer hat uns verraten?“ „Arschkram“ ruft der ganze Saal und setzt den Girlsday mit unverminderter Härte fort. Von den Anderen, die jetzt noch reinkommen kann man nichts mehr entnehmen, außer daß alles so ist wie es ist. Vor der Tür steht immer noch das nasse Grau und der Taxistand ist heilig.

Neues nicht, Fremdes, ganz natürlich Altes. Im Frühjahr sind es die Boote, die reden vor dem Sand. Dem alten Capitano singt ein Lied vom Nahe sein der Fremden vor dem eigenen Tod. Das Wie ist anders. Mitdasein, Mitsein, die Ichheit drangeben. Noch nicht und nicht mehr. Bin ich gemeint? Und das muß alles anders werden. Rutschend zeigen sich Sedimentschichten geöffneter Bilder von abgerissenen Denkhängen weißgleitender Zeit. Gerührt und berührt werden im Zyklus ozeanischer Gefühle. Zurück mit den Händen und Füßen im Fluß des nördlichen Grüns rinnt ein Vergessen und Erwarten an den Orten im Lande der Frauen. Wo dann das Später in dem magnetischen Morgen fällt, wird man dann doch bemerkt und merkt selbst.  

Vorsatz und Täuschung belagern jede Sicht. Gerade noch geraucht und schon schwindelig. Vorbei an Coco-Cola und Carib Brew bleibt diese Art der Befremdung unfertig. Die Vorläufigkeit, die sich da laut über den heißen, bleiernen Tag spannt; bis in die knisternde, dumpf entladende Nacht ist Soca, um irgendwo auszusteigen. Aus dem Dunkel singen Frösche über die metallhelle Steelmuzik dem alternden Schauspieler das Voodoo. Gefasst, britisch verblasst, ein paar Wolken vor der gestirnten Nacht. Besucher nach Eden, nicht mehr so genau gewußt, wer sie sind und wer sonst noch so kommt. Obwohl, wer ist der besuchende Gärtner und wer ist der gärtnernder Besucher?

Nähe, ganze Nähe ist einfach. Im Austritt des Korallenriffes werden die Wellen länger, die Dünung höher. Dann Stille, langsames Gleiten. Schwarz, und warmfeucht wölbt sich der tiefe Sternenraum wie ein Götterzelt über die Landebahnen. Ich hatte die weiße Blüte hinter das linke Ohr gesteckt und die Hunde bellen die Nacht hindurch, Antworten auf die Hahnenschreie, bedacht die schwarze Nacht nicht unbeseelt zulassen. Ich in der Welt und die Welt in mir. Zunächst muß man das langsame Gehen lernen.

Diese Stadt ist eben weiblich und braucht kein Frauenbild. Frische Blumen auf dem Mittelpunkt der Erde und frisches Grün auf dem Palatino. Der Fluss mit seinem milchigen Gesicht umfasst die Pfeiler der Brücken, als müsse er sich beeilen auf dem Weg zum Meer. Das Befremdliche wirkt nicht ausgrenzend, das mag wohl aus ihr selbst kommen. Was an sich ist, ist befreit vom Nutzen und Gebrauch, für einen zeitlosen Moment, dem Innehalten der Gestimmtheit und der vollen Form des Gefühls. Begeistert vom Gleichmut des bestehenden Nebeneinanders, den Zeichen von Destruktion und der Zustand der einfachen, praktischen Täglichkeit. Was wirklich römisch ist, erschließt sich einem Fremden nie, da glaube ich Fellini.

Dein Blick fällt somit langsam immer wieder nach unten, wo die Füße naß und sandig bleiben. „Arret devan! "but we are almost wet" wird einem gelächelt. Der alte englische Kleinbus röhrt im Schrittempo. Das Blätterdach schließt sich, verdunkelt den Wald. Gemüter hängen auf den Veranden zum Trocknen. Tonlos. Wuchtig schlägt der Regen durch die Palmen. Trommelt auf die Wellblechdächer, stürzt über den rostigen Rand und legt sich in die großen warmen Pfützen der Sandpisten. Der Boden, bebildert in Schichten, bedeckt sich mit dem Vergangenen. Das Verschwindende setzt sich in dem Werdenden als Dunkel nieder. Es mußte zunächst in seiner Schwere geschaut sein. Somit hat die Helligkeit der Hoffnung immer ein dickes Ende.

Dazugehören nicht. Geduldet. Manchmal gebraucht, jedoch nicht verläßlich. Mein Vater vertrat Diese im Gemeinderat. Mußte mit denen saufen und wurde dann mit der Schubkarre nachts bei meiner Mutter abgeladen. Er vermittelte mir und meinem Bruder, daß man es hinnehmen müßte: „Gottes Mühlen mahlen langsam, aber hart“ Katholisch fürs Jenseits. Morgen aber erstmal eine Schule und ein Schwimmbad für die Kinder bauen. Später eben. Davon habe ich` ne Menge abgekriegt. „Wer hat uns verraten?“ zischten die alten Männer am Sonntag beim Fußballspiel, wenn wir vorbeigingen. Deswegen ging mein Vater mit uns nie in das Vereinsheim. Wir tranken und aßen zu hause. Auch deswegen bin ich später in eine Band gegangen. Es war unser Bluesland und selbstverständlich gehörten wir dazu.

Im Frühjahr zeigt das Meer noch eine seiner temperamentvollen Seiten. Vom Flugzeug ins Auto, der untergehenden Sonne folgend, erreichen wir die Bucht mit dem alten Hotel. Der kalte Wind bewegt die Vorhänge vor dem Balkon, selbst bei geschlossenen Türen, hoch oben im Zimmer. Das Meer rollt vor dem Strand in weitlaufender Dünung. Unten im Foyer wärmt das offene Feuer im Kamin. Man spricht über das Woher-Wohin, über die alten Tage und warum man das hier alles so ließ wie es war. Die See schiebt den Sand die Dünen hinauf, wo ein sinkendes Abendrot das Licht noch nicht wärmen kann. Von Lisboa nach Norden an der Küste entlang erheben sich die Mauern von Montemor-o-Velho im Land des Gharb al-Andaluz. Pastellbunt blättert die Farbe von den Wänden und Skulpturen, beredt der verblichenen Geschehnisse. Verlassene Orte fügen sich recht langsam wieder in die umgebende Welt ein. Am Fuß der Burg wässert der Rio Mondego beharrlich die Felder in seinem Tal und führt uns hinauf nach Coimbra. Kalter Regen in den Gassen der Universität. An den Fassaden und auf den heroischen Statuen der Gebäude läuft ein dunkles kalkgrau in merkwürdigen Spuren und gibt den Formen eine merkwürdige Anmutung. Am nächsten Morgen reisen wir ab. Nach Süden, dem Licht folgend, hebt die Heiterkeit der Landschaft des Alentejo das trübe Gemüt. Als die sanften Berge hügelig auslaufen, erscheinen Pinienhaine gesellig in den Ebenen. Zwischen kargen Tälern und grau-grünen Waldflächen durchlagern Schaf - und Rinderherden die Schatten jener Baumgruppen zu theatralen Motiven. Bei der Ankunft in der Algarve geht ein warmer Wind durch die Korkeichenwälder der Monchique, sein erhellender Raum durchstellt im Spiel von Licht und Dunkel das feine Grün in den Kronen. Eine heiße Badewanne, ein prasselnder Kamin und ein guter roter Tropfen stellen die Lebensgeister wieder her. In den nächsten Tagen schiebt der dicke Seenebel zwar die Küsten zu, aber mit dem aufkommenden Westwind werden die Verhältnisse von weitem Blau und tiefen Sternenraum wieder hergestellt. Die Düfte des Frühlings fließen über die Terrassen in die Stille der Wälder bis hinunter zum Fluß, der hinter der Bucht von Alvor dem Plaudern der Wellen lauscht. Und dann kommt sie, mit dem aquamarinblauen Kleid des Frühlings und im vollen Glanz des hellen Lichtes. Die neue Jahreszeit.